Isolation, die Rolle der Hochschulen und politische Krisenkommunikation: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stellte sich am 1. Juni bei einem “Ask me anything” den Fragen von Studierenden aus Niedersachsen. Organisiert wurde dieses Event durch die verlässliche Kooperation der Studierendeninitiativen KommunikOS, PRSH und Ostfalia Mediennetz.
Nach knapp 15 Monaten solidarischem Social Distancing konfrontierten die Studierenden Stephan Weil mit ihrer Sicht auf die vergangenen Monate pandemischen Studierens, ihren Wünschen an die Landesregierung und ihrer Kritik am Umgang mit den Hochschulen in der Pandemie-Politik.
Zu Beginn stand eine Schnellfragerunde mit Entweder-Oder-Fragen an, um die Stimmung zu lockern. Auch hatten die Anwesenden danach ein besseres Bild des Ministerpräsidenten: Tee statt Kaffee, lieber Nordsee als Harz und Hannover 96 statt Eintracht Braunschweig.
Die Rolle der Hochschulautonomie
Danach widmete sich Stephan Weil inhaltlichen Fragen, die im Vorfeld von den Studierendeninitiativen aus Hannover, Lingen und Salzgitter gesammelt wurden. Viele der Studierenden wünschten sich ein Licht am Ende des Corona-Tunnels, das Weil mit dem positiven Statement „Es gibt eine gute Chance, dass sich alle Studierende bis zu Beginn des Wintersemesters 2021/22 impfen lassen können”, auch relativ früh bieten konnte. Dennoch wünschten sich die Studierenden auch alternative Maßnahmen, zumal die Perspektive auf Öffnungen der Hochschulen im letzten Stufenplan der Landesregierung überhaupt nicht erwähnt wird.
Stephan Weil betonte hier die verfassungsgemäße Hochschulautonomie. Deswegen könne die Landesregierung den Hochschulen kaum direkten Anweisungen geben. Lediglich die Einhaltung der geltenden Kontaktbeschränkungen könne die Politik den Hochschulen vorgeben. Je nach Hochschule, Studiengang und Veranstaltungsart variiere zudem die Anzahl der Studierenden in den Räumlichkeiten. Dadurch hätten die Hochschulen den besten Überblick darüber, welche Veranstaltungen in Präsenz sinnvoll sind und welche nicht.
Auch die soziale Isolation der Studierenden kam zur Sprache. Klare Strukturen und das typische Studi-Leben am Campus entfallen. Nicht wenigen fehle daher die Motivation, ihr Studium fortzusetzen. Dafür zeigte Weil Verständnis, eröffnete aber die Perspektive, dass mit weiterhin fallenden Inzidenzen auch wieder mehr Treffen im privaten Bereich möglich seien und hochschulintern unter den Studierenden organisiert werden könnten.
Geld und Technik
Ein fundamental wichtiges Thema aus Studierendenperspektive ist außerdem der Mangel an notwendiger technischer Ausrüstung, der während der Online-Lehre regelmäßig auftrat und einige der Studierenden sogar an der Prüfungsteilnahme gehindert hat. Dieser Teil des Krisenmanagements wurde von den Hochschulen teils mehr, teils weniger auf die Studierenden abgewälzt. Doch aufgrund der “weißen Flecken” in der deutschen Digitalinfrastruktur, musste der Ministerpräsident hier auch ein Versäumnis der Politik einräumen.
Auch die finanziellen Kürzungen im Landeshaushalt wurden thematisiert. Im kommenden Haushalt stehen den Hochschulen 25 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Gerade angesichts der mancherorts mangelhaften technischen Ausstattung riefen diese Pläne im Vorfeld wiederholt Proteste hervor. Stephan Weil verwies an dieser Stelle auf zweierlei: Einerseits wird im gesamten Haushalt gekürzt, andererseits wurde das bisherige Hochschulbudget nicht gänzlich ausgeschöpft.
Abschließend stellte sich die Frage, welchen Herausforderungen der politischen Kommunikation die Landesregierung gegenübersteht. Der SPD-Politiker merkte hier die Schwierigkeit an, in der Krise mit Vertreter:innen aus allen Bevölkerungsgruppen kommunizieren zu müssen, es aber nicht allen recht machen zu können.
Beim Ausblick auf das kommende Semester ist sich Stephan Weil sicher: “Wenn ich heute nochmal Student wäre, würde ich daraufsetzen, dass das Wintersemester wieder so wird, wie das Wintersemester sein soll.“